Page 88 - kafkas-kosmos
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zu benutzenden, antiquarischen Panoramakamera gemacht hatte und Moment zur Stelle, als die Lichter ausgeschaltet wurden, nur eines noch
mit denen er Bild für Bild eine optische Sinfonie komponierte, in der er nicht, sodass es hell aus einem Zimmer strahlt, als säße dort noch jemand
gleichermaßen romantische wie moderne Töne zum Klingen brachte. bei der Arbeit. Und ja, zwei-, dreimal hätte er auch etwas wahrgenommen,
Inspirationen waren Helmut Schlaiß nicht die Bildentwürfe der Kollegen. das wie aus dem literarischen Werk herausgestiegen wirkte. Die gefährlich
Er beruft sich bei seinen Beobachtungen einzig auf Passagen aus Franz spitzen Zacken des modernistischen Jan-Palach-Denkmals – könnten sie
Kafkas Tagebuchnotaten, aphoristischen Fragmenten und Briefen. Eher nicht die «Strafkolonie» symbolisieren oder ebenjene Spitzen, von denen
selten beziehen sich Notate konkret auf einen bestimmten Ort. «Ein Kafka in einem Brief an Max Brod spricht, «Spitzen, die in mich hinein
Teil der Niklasstraße und die ganze Brücke dreht sich gerührt nach gehn»? Oder die seltsam hinter Gitter gesperrte Steinskulptur mit
einem Hund um.» Häufiger indes beschreiben sie eine Stimmung: dem schmerzverzerrten Gesicht auf der Karlsbrücke – da habe er, sagt
«Durch die Nebel der Stadt. In einer engen Gasse, die auf einer Seite Helmut Schlaiß, unwillkürlich an den «Hungerkünstler» denken müssen.
von einer epheuüberrankten Mauer gebildet wird.» Oder: «Vor dem Später sei ihm die verwegene Idee gekommen, dass vielleicht Kafka in
Stadttor war niemand, in der Torwölbung niemand.» Eine Beschreibung den steinernen Formen und Figuren Prags Inspiration für seine Werke
ganz im Sinne von Helmut Schlaiß, da er sich doch stets bemüht, Orte gefunden habe. «Kann doch sein», sagt er. «Der ist doch auch dort lang-
menschenleer zu zeigen. gelaufen. Der hat das doch gesehen.» Dann steht er auf und geht über
Die Blätter mit den Kafka-Zitaten, sagt Helmut Schlaiß, habe er aller- den Hof zur Gaststube, um zwei weitere Biere zu bestellen.
dings nie mit nach Prag genommen. Er habe sie verinnerlicht, um in Damit er ihn bloß nie vergisst, hat Helmut Schlaiß sich ein Porträt
deren Geist Motive aufzuspüren. Um Stimmungen einzufangen, die Franz Kafkas aufs Gehäuse seiner Kleinbildkamera geklebt. Kafkas Augen,
ihnen entsprächen. Und ja, natürlich habe er einige der Wohnhäuser so könnte man das interpretieren, waren sein Sucher. Aber es sei noch
der Eltern fotografiert und auch das Häuschen in der Alchimistengasse, extremer gewesen, gesteht er, denn nicht selten, vor allem wenn er unzu-
spätabends, und mit dem Glück des Tüchtigen war er genau in dem frieden gewesen sei mit dem Wetter, dem Tag, den Menschenmassen, die
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